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Sonderpädagogische Diagnostik im Förderschwerpunkt Sprache

Um eine frühestmögliche und gezielte Förderung im Schulkontext zu ermöglichen und damit spätere Auswirkungen in allen Entwicklungsbereichen so gering wie möglich zu halten und potentielle (Sprach-)Barrieren identifizieren zu können, ist eine umfassende und spezifische Diagnostik notwendig (vgl. Sachse & Spreer 2016, S. 113; Schillack 2018, S. 125; Spreer et al. 2016, S. 22).

Für die Erfassung eines umfassenden Bildes der sprachlichen Fähigkeiten und Unterstützungsbedarfe eines Kindes bzw. Jugendlichen müssen alle sprachlich-kommunikativen Ebenen betrachtet werden. Die Betrachtung lediglich einer sprachlichen Ebene ignoriert deren verschränkte Entwicklung. Dabei müssen sowohl die Sprachproduktion als auch das Sprachverständnis und die Sprachreflexion in den Blick genommen werden (Multiperformanzprinzip) (vgl. Berg 2007, S. 70). Zudem sind die sprachlich-kommunikativen Fähigkeiten im Kontext weiterer Entwicklungsbereiche (Motorik, Wahrnehmung, Kognition, soziale und emotionale Entwicklung) sowie Bildungs- und Erziehungsprozesse zu betrachten (vgl. Spreer 2018, S. 13).

Die Diagnostik im Bereich Sprache erfolgt entlang individualdiagnostischer Fragestellungen und Hypothesen. Um die praktische Arbeit der Diagnostiklehrkräfte zu unterstützen, wurden beispielhafte Fragestellungen und Hypothesen erarbeitet. Sie dienen als Orientierung und sind entsprechend dem individuellen Fall auszuwählen und spezifisch anzupassen.

Die hohe Komplexität der Diagnostik macht ein umfangreiches Wissen der Diagnostiklehrkräfte über die typische bzw. auffällige kindliche Sprachentwicklung und die Einbeziehung unterschiedlicher Berufsgruppen (medizinische Disziplinen, Psychologie, Sprachtherapie) notwendig (vgl. Sachse & Spreer 2016, S. 114).
Die Basis für den diagnostischen Prozess bilden dabei pädagogische Berichte, medizinische, psychologische oder therapeutische Berichte bzw. Befunde, Erkenntnisse im Beratungsprozess sowie Einzel- und Gruppenüberprüfungen (vgl. Spreer et al. 2016, S. 45). Dabei können laut von Suchodoletz (2013, S. 74) folgende diagnostische Schritte bearbeitet werden: 

  • Erhebung einer problemzentrierten Anamnese
  • Beurteilung der Spontansprache in einer Spiel- und/oder Gesprächssituation
  • differenzierte Beurteilung sprachlicher Fähigkeiten mit standardisierten und informellen Sprachtests
  • Beurteilung der allgemeinen kognitiven Fähigkeiten und Erfassen von Stärken
  • Abklärung möglicher Ursachen (insbesondere Hörstörung, Auffälligkeiten im Bereich der Sprechorgane, psychiatrische oder neurologische Erkrankung)
  • Beurteilung der Umweltbedingungen 

Dabei sollten schulintern Möglichkeiten ausgelotet werden, den diagnostischen Prozess im Team durchzuführen. Alternativ oder ergänzend kann der Einsatz von Audio- oder Videoaufnahmen die Auswertung der Ergebnisse unterstützen. 

Hinweise zu Methoden und Instrumenten

Für die Beantwortung diagnostischer Fragestellungen im Bereich Sprache und Kommunikation kommen zur Messung der sprachlichen Fähigkeiten 

zum Einsatz (vgl. Spreer 2018, S. 21).

Aus deren Anwendung sollten auch Informationen zum Bedingungsgefüge und zu möglichen Förderansätzen gewonnen werden können (vgl. Spreer et al. 2016, S. 22). Die nachfolgenden Tabellen geben einen Überblick über die in der Landesliste (2024) empfohlenen Screening- und Testverfahren sowie weitere Testverfahren mit empfehlendem Charakter für die Diagnostik im Förderschwerpunkt Sprache.

Dokumente noch in Erarbeitung

Eine fortlaufende Verhaltensbeobachtung innerhalb der verschiedenen Test-, Gesprächs- und Spielsituationen während des diagnostischen Prozesses liefert wichtige Erkenntnisse und förderrelevante Informationen und ist integraler Bestandteil des diagnostischen Prozesses (vgl. Berg 2007, S. 69; Spreer 2018, S. 49).    
Eine kriteriengeleitete Schülerbeobachtung nimmt auf der Basis von Hypothesen verschiedene Aspekte in den Blick. Beobachtungsmaterialen wie Checklisten, Beobachtungsbögen und Einschätzskalen sind hilfreich für die Strukturierung, Dokumentation und Auswertung der Beobachtung. Beispiele hierfür sind: 

  • Kriterien für Unterrichtsbeobachtungen im Bereich Sprache (vgl. Reber & Schönauer-Schneider 2018)
  • Selsa. Sprachentwicklung und Literacy bei Kindern im Schulalter (1.-4. Klasse) (vgl. Mayr et al. 2012)
  • Begleitende alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbeobachtung in Kindertageseinrichtungen (BaSiK) (vgl. Zimmer 2021) 

Die Spontansprache des Kindes ist im diagnostischen Prozess einzuschätzen. Dabei wird hier der Begriff der Spontansprache im weiteren Sinne auf die in weniger strukturierten Situationen (Spiel, Gespräch) erhobene Sprachproben bezogen. So gewonnene Sprachproben spielen in der Diagnostik eine wichtige Rolle, da verwendete sprachliche Strukturen sehr detailliert betrachtet werden können (vgl. Spreer 2018, S. 52). Schon im Kontext der Beratung und zur Generierung von Hypothesen am Beginn des diagnostischen Prozesses liefert die Betrachtung der Spontansprache wichtige Erkenntnisse. 
Spreer (2018) beschreibt wesentliche Vor- und Nachteile der Spontansprachanalyse. Die Analyse der Spontansprache vermittelt i. d. R. nicht das Bild der maximal einsetzbaren Sprachkompetenz, sondern eher einen Eindruck der typischen Sprachverwendung (vgl. Grohnfeldt 2007, S. 307). Demnach ist die Erhebung der Spontansprache zeitlich und räumlich flexibel, in unterschiedlichen Settings und mit unterschiedlichen Interaktionspartnern erhebbar. Sie lässt eine freie Materialwahl zu und kommt ohne künstliche Aufgabenstellungen aus, die in der Lebenswirklichkeit des Kindes bzw. des Jugendlichen nicht vorkommen. Als nachteilig führt Spreer (2018) dagegen auf, dass die natürlichen Kommunikationssituationen oft wenig oder gar nicht strukturiert sind und eine Ablenkung durch das Material oder die Umgebung (bspw. Spielzimmer in der Kindertageseinrichtung) nicht ausgeschlossen werden kann. Zudem sind die Leistungen nur schwer mit den Fähigkeiten Gleichaltriger vergleichbar (vgl. Spreer 2018, S. 52f.).
    
Setzt man die Spontansprachanalyse als Methode ein, müssen etwa 30-45 Minuten bzw. 100 auswertbare Äußerungen erhoben werden. Diese sind anschließend zu transkribieren. Zur Dokumentation sind Audio- oder Videomitschnitte hilfreich (vgl. Sachse & Spreer 2016, S. 117). Die Transkription erfolgt je nach Zielstellung nach unterschiedlichen Regeln. Die drei Hauptformen sind die phonetische Transkription (i. d. R. nach IPA), die lexikalisch-semantische Transkription (i. d. R. orthographisch angenäherte Transkription ohne lautgetreue Wiedergabe) und die pragmatisch-kommunikative Transkription (Fokus auf Absichten der Kommunikationspartner und der Steuerung des Kommunikationsverhaltens sowie die möglichst genaue Transkription nonverbaler Ereignisse) (vgl. Spreer 2018, S. 54f.). Für unterschiedliche Aspekte der Auswertung einer Spontansprachprobe stehen je nach Fragestellung verschiedene Analyseverfahren zur Verfügung, bspw. die Profilanalyse (vgl. Clahsen 1986) zur Einschätzung der Fähigkeiten im Bereich Grammatik oder das Aachener Screeningverfahren zur Analyse kindlicher Spontansprache (ASAS) (vgl. Schrey-Dern 2006) zur Auswertung verschiedener Sprachebenen (vgl. Grohnfeldt 2007, S. 307). Neue und alternative Ansätze der Verwendung von Spontansprachanalysen in der Diagnostik erfassen Indikatoren (vgl. bspw. in der Grammatik: Kauschke & Tenhagen 2023). 

Hinweise zu spezifischen Themen

Eine Fortführung des sonderpädagogischen Förderbedarfs nach Klassenstufe 4 kann im Einzelfall angezeigt sein (bspw. Selektiver Mutismus, VED, Stottern).
Besonderes Augenmerk ist in diesen Fällen diagnostisch darauf zu richten, 

  • welche Strategien die Schülerin bzw. der Schüler nutzt, um sprachliche Auffälligkeiten zu kompensieren.
  • ob in bestimmten Anforderungssituationen und spezifischen Aufgabenstellungen verdeckte Symptome sichtbar werden, bspw. Beeinträchtigungen im Sprach- und Anweisungsverständnis, Wortschatzdefizite, Auffälligkeiten in der Morphologie, eine einfache und unflexible Syntax, Unflüssigkeiten und unzusammenhängende narrative Strukturen, eingeschränktes Verständnis komplexer Texte (vgl. Wagner 2014, S. 141; Dannenbauer 2002, S. 13).
  • welche Auswirkungen der aktuelle sprachliche Entwicklungsstand auf andere Entwicklungsbereiche, insbesondere die emotionale oder soziale Entwicklung hat. 

Im Rahmen der prozessbegleitenden sonderpädagogischen Diagnostik sind verschiedene Informations- und Datenquellen für die Einschätzung des aktuellen sprachlichen Entwicklungsstandes zu nutzen: Beobachtungen, anamnestische bzw. biografische Informationen, medizinische Informationen (bspw. Diagnosen, Therapieberichte etc.), informellen Verfahren sowie standardisierte und normierte Testverfahren für diese Altersgruppe (z. B. LSI.J: Krause et al. 2018, vgl. auch Krause & Pino 2022). 
 

Hinweise: Speziell im Bereich der standardisierten Testverfahren liegt häufig das Problem der fehlenden Normierung im entsprechenden Altersbereich vor. Eine Durchführung des Verfahrens und eine anschließende qualitative Auswertung liefert trotzdem wichtige Erkenntnisse zu den Fähigkeiten und Unterstützungsbedarfen der Schülerinnen bzw. Schüler. Noch dazu liegen bei sprachentwicklungsgestörten älteren Schülerinnen bzw. Schülern Leistungen vor, die, obwohl das chronologische Alter die obere Altersgrenze der Normierung überschreitet, selbst in der Tabelle des höchsten Normierungsalters eines bestimmten Verfahrens unterdurchschnittliche Standardwerte aufweisen. Damit kann zwar keine Aussage darüber gemacht werden, wie weit die Leistung vom alterstypischen Mittelwert abweicht, aber die Einstufung als auffällig ist gesichert. 

Selektiver oder totaler Mutismus werden in der ICD-11 den Angststörungen zugeordnet. Das schweigende Verhalten beginnt meist in der Kindheit und ist nicht intentional gewählt, sondern Ausdruck einer im Saldo negativen Bewertung der eigenen, kommunikativen Handlungsfähigkeit angesichts der empfundenen, kommunikativen Anforderungssituation, die sich in einer maladaptiven Bewältigungsstrategie und bei dramatischem Verlauf in totalem Schweigen manifestieren. Persönlichkeitsbesonderheiten (Empfindsamkeit, Sozialangst, Rückzug oder Widerstand) konstituieren eine erhöhte Vulnerabilität. Im diagnostischen Prozess muss das mehrdimensionale Bedingungsgefüge der Kommunikationsstörung aufgeklärt und ermittelt werden, in welchen Bereichen ein (sonder-)pädagogischer Unterstützungsbedarf vorliegt. Sollten psychische Faktoren gegenüber sprachlichen oder kognitiven prominent sein, kann die Zuschreibung zum Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung erfolgen. Die Bearbeitung wesentlicher Bedingungsfaktoren sowie der psychosozialen Folgen dieses Störungsbildes bedarf einer multiprofessionellen Zusammenarbeit im Rahmen sonderpädagogischer sowie psychologischer und/oder therapeutischer Maßnahmen.  

Hinweise für die Beratung bei Schülerinnen und Schülern mit selektivem oder totalem Mutismus

Grundlage für eine sonderpädagogische Beratung ist das Vorliegen eines psychologischen Befundes sowie eine fachliche Kooperation mit externen Fachexperten (bspw. Logopädie, psychotherapeutische Begleitung). Die Eltern sind in einem ausführlichen Gespräch über die „Möglichkeiten und Grenzen“ der schulischen Förderung zu informieren und in ihrer aktiven Verantwortung bzw. Mitwirkung zu stärken. Je nach Situation kann eine familientherapeutische Begleitung angeregt werden. Die Perspektive des Kindes bzw. des Jugendlichen ist immer in geeigneter Form einzubeziehen.
Bei der Beratung von Kindern im Schulvorbereitungsjahr stehen die Hinweise auf die Methoden der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung und die Sensibilisierung der pädagogischen Fachkräfte (Kindertageseinrichtung) für frühe Anzeichen einer Kommunikationsstörung im Vordergrund, bei der Beratung der Stammschule liegt der Schwerpunkt auf Hinweisen zur spezifischen Förderung einschließlich der kompensatorischen Unterrichtsgestaltung sowie zur Gestaltung des Nachteilsausgleiches.

Hinweise für die Diagnostik bei Schülerinnen und Schülern mit selektivem oder totalem Mutismus

In enger fachlicher Zusammenarbeit mit anderen Fachkräften sollten differenzialdiagnostische Aussagen analysiert und folgende Fragen individualdiagnostisch abgeklärt werden: 

  • Ausschluss von hirnorganischen Erkrankungen oder Hörstörungen
  • Abgrenzung zur Autismus-Spektrum-Störung
  • Sprachauffälligkeiten wie Stottern als Ursache für Mutismus
  • Unterscheidung zwischen Sprechangst und Mutismus
  • Ursachen aufgrund von Traumatisierungen

Im Rahmen von Beobachtungen sollte der Fokus auf folgenden Aspekten liegen:

  • Mit wem spricht die Schülerin bzw. der Schüler in der Schule, zu Hause, im außerschulischen Bereich?
  • In welchen Situationen spricht die Schülerin bzw. der Schüler?
  • Wie äußert die Schülerin bzw. der Schüler ihre/seine Bedürfnisse?
  • Kommuniziert die Schülerin bzw. der Schüler verbal und/oder nonverbal?

Zur nonverbalen Überprüfung von Wortschatz, Grammatik und Sprachverständnis sowie phonologischer Bewusstheit stehen bspw. folgende diagnostische Instrumente zur Verfügung: 

  • SET – Untertest 4 (Handlungsanweisungen umsetzen); UT 5 (Fragen zum Text a/b/c); UT 9 (bis 6,11 Jahre; Grammatik- Erkennen inkorrekter Sätze) 
  • TROG-D (Klasse 1-4)
  • BUEGA II – Untertest 3
  • PPVT-4 (3;0-16;11 Jahre)
  • GRAWO (Ankreuzen)
  • Dortmunder Mutismusscreening – Cut-Off Wert – Indikation für weiterführende Diagnostik (nicht in der Landesliste)
  • CFT-20R/WS 
  • TEPHOBE (phonologische Bewusstheit)

Hinweise für die Förderung bei Schülerinnen und Schülern mit selektivem oder totalem Mutismus

Die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Mutismus zielt ab auf eine Stärkung des Selbstwertgefühls, auf die Reduzierung von Ängsten, die im Zusammenhang mit dem Sprechen stehen, und damit langfristig auf eine Überwindung von Sprechhemmungen. Voraussetzung ist die Gestaltung einer ermutigenden, angstfreien Lernumgebung (Vertrauensaufbau und Druckabbau), bspw.: 

  • Leseaufgabe im häuslichen Raum per Tonträger (bspw. Smartphone) aufnehmen – Überprüfung dieser Leseleistung „gestaffelt“ (nur Lehrkraft, Mitschülerin oder Mitschüler, Kleingruppe)
  • Gedicht oder Lesetext nur vor der Lehrkraft vortragen
  • Potential von Gruppenarbeit nutzen
  • kein übermäßiges Lob für Sprechaktionen

Es hat sich bewährt, mit der Schülerin bzw. dem Schüler, den Eltern und ggf. Therapeutinnen bzw. Therapeuten eine Kommunikationsvereinbarung zu schließen. Folgendes Unterstützungsmaterial dient als bespielhafte Vorlage.

Dokument noch in Erarbeitung

Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf der Gestaltung von Übergängen (bspw. Klassen- oder Schulwechsel, Übergang an eine weiterführende Schule, Übergang in den berufsbildenden Bereich). Übergänge können für Schülerinnen und Schüler mit Mutismus eine Herausforderung darstellen. Neue Bedingungsfaktoren können die Symptomatiken der Kommunikationsstörung u. U. verstärken. Deshalb müssen Übergänge  gut vorbereitet und begleitet werden, um bewährte Hilfen in neue Settings übertragen zu können. Eine Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs sollte im Einzelfall verantwortungsvoll geprüft werden. 

Grundlegend für eine sonderpädagogische Beratung und Diagnostik für Schülerinnen und Schüler mit einer verbalen Entwicklungsdyspraxie ist ein fachärztlicher Befund.

Anamnestische Hinweise für das Vorliegen einer VED können sein: 

  • keine bzw. eingeschränkte Lallproduktion in der Säuglingszeit
  • Probleme bei der Nahrungsaufnahme (u. a. Verschlucken, Ablehnung fester Nahrungssubstanzen)
  • auffällige fein- und grobmotorische Geschicklichkeit
  • extrem später Sprechbeginn
  • extrem verzögerte expressive Sprachentwicklung vs. gutes Sprachverständnis (vgl. Schulte-Mäter & Ziegler 2009, S. 295)

Hinweise für die Diagnostik bei Schülerinnen und Schülern mit verbaler Entwicklungsdyspraxie

Aufgrund bislang fehlender standardisierter Testverfahren im Rahmen der sonderpädagogischen Diagnostik ist die Spontansprachanalyse unverzichtbarer Bestandteil der Überprüfung der Fähigkeiten des Kindes bzw. Jugendlichen (vgl. Spreer 2018, S. 269). Darüber hinaus sollten in enger fachlicher Zusammenarbeit mit dem SPZ folgende Fragen individualdiagnostisch abgeklärt werden:

  • Abklärung der kognitiven Fähigkeiten (z. B. mittels CFT 1-R), da die intellektuellen Leistungen im Normbereich liegen müssen
  • Einzelfall: Abgrenzung zu AVWS in Zusammenarbeit mit dem MSD des Förderschwerpunktes Hören
  • Differentialdiagnostische Abgrenzung zu phonologischen Störungen und kindlicher Dysarthrie (vgl. Spreer 2018, S. 269)

Hinweise zur Förderung bei Schülerinnen und Schülern mit verbaler Entwicklungsdyspraxie

Zusätzlich zu einer gezielten sonderpädagogischen Förderung (vorzugsweise an einem Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sprache oder Hören) sollte unbedingt eine qualifizierte und zertifizierte logopädische Betreuung abgesichert werden.

Grundlegend für eine sonderpädagogische Beratung und Diagnostik für Schülerinnen und Schüler mit einer Stottersymptomatik ist ein fachärztlicher Befund.

Stottern ist eine Sprechbehinderung mit Rechtsansprüchen zur Gewährung von Chancengleichheit nach dem Sozialgesetzbuch (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Im Rahmen eines Nachteilsausgleiches können Vereinbarungen bzgl. der Organisation und Gestaltung der Leistungsermittlung getroffen sowie Möglichkeiten der Unterstützung im Unterricht festgehalten werden. Da eine Stottersymptomatik großen Schwankungen unterliegen kann, sollte die Unterstützung und Förderung im Unterricht variabel sein und regelmäßig der aktuellen Situation angepasst werden. Die Maßnahmen sind mit der Schülerin bzw. dem Schüler zu besprechen.

Folgende Maßnahmen sind hilfreich:

  • positive unterstützende Gesprächskultur wie bspw.
    • Hinweise vermeiden, die zusätzlichen Sprechdruck erzeugen, bspw. „Sprich langsam.“,
    • Schülerin bzw. Schüler ausreden lassen und 
    • Blickkontakt halten
  • ruhiges und gelassenes Reagieren beim Auftreten des Stotterns 
  • gutes sprachliches Vorbild (Lehrersprache), das sich sprechflüssigkeitsfördernd auswirkt, d. h. langsame, strukturierte Sprechweise mit bewussten Sprechpausen
  • Reduzierung der sprachlichen Anforderung durch Alternativfragen oder Ja/Nein-Fragen
  • Beteiligung am Unterrichtsgespräch nach vereinbarten Regeln, bspw. beim Melden der Schülerin bzw. des Schülers 
  • Gruppen- und Partnerarbeit für kleine Kommunikationsrunden

Maßnahmen zur Förderung sollten in Zusammenarbeit mit Therapeutinnen und Therapeuten angeboten werden, die Beratung durch die zuständige Förderschule wird empfohlen. 

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