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Trauma

Der Begriff Trauma kommt ursprünglich aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie Wunde oder Verletzung, wobei im psychologischen Kontext die Verletzung der menschlichen Seele gemeint ist. Ein psychisches Trauma wird definiert als ein

„Diskrepanzerlebnis  zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt“ (Fischer & Riedesser 2020, S. 88).

Die WHO (2014) definiert Traumata nach der ICD-10 als „kurz- oder langanhaltende Ereignisse oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß“, die nahezu bei jedem Kind oder Jugendlichem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würden (Hecker & Maerker 2015, S. 4). Die ICD-10 unterscheidet dabei akute Belastungsreaktionen, Posttraumatische Belastungsstörungen und Anpassungsstörungen. Die ICD-11 übernimmt diese Einteilung, führt jedoch zusätzlich noch die komplexe Posttraumatische Belastungsstörung ein.

Traumatische Ereignisse werden als plötzlich eintretend und stark wirkend erlebt und erzeugen eine biologische Stressreaktion auf kognitiver, emotionaler und körperlicher Ebene (Patten & Pausch 2018, S. 4f.). Gibt es für die betroffene Person keine Möglichkeit, dieser Gefahrensituation zu entkommen (Flucht oder Kampf), wird die Situation als existenziell lebensbedrohlich wahrgenommen. Als traumatische Reaktion auf diese Gefahrensituation folgen

  • ein Erstarrungszustand (Freezing oder Freeze-Zustand), wobei das Individuum körperlich erstarrt und/oder
  • eine peritraumatische Dissoziation, sprich die Abspaltung der eigenen Wahrnehmung der Situation, des Körperempfindens und der Gefühle, um diese Situation aushalten zu können. 

Traumatische Ereignisse können nach Dauer und Verursachung wie folgt eingeteilt werden (vgl. Hecker & Maercker 2015, S. 23). 

  Typ I Traumata
(einmalig/kurz)
 
Typ II Traumata
(mehrfach/langfristig)
 
Akzidentielle Traumata
  • schwerer Verkehrsunfall 
  • kurzandauernde Katastrophe (bspw. Wohnungsbrand)
  • berufsbedingtes Trauma (bspw. extremer Rettungseinsatz)
  • langandauernde Katastrophe (bspw. Erdbeben, Überschwemmung und deren Folgen)
Interpersonelle Traumata
  • ziviles Gewalterleben (bspw. Banküberfall)
  • sexueller Übergriff (bspw. Vergewaltigung) 
  • Kriegserleben, Flucht, Vertreibung, Deportation
  • Körperliche und/oder sexuelle Gewalt in der Kindheit/Erwachsenalter
  • Geiselnahme, Folter, Haft, soziale Isolierung
  • Vernachlässigung, emotionale Verluste
  • Toxische Bindung

Tabelle: Einteilung traumatischer Ereignisse


Traumatische Ereignisse erschüttern das Vertrauen in das persönliche Umfeld, die weitere Umwelt und in das eigene Leben. Sie unterbrechen das Bisherige, da es die bislang entwickelten Bewältigungsmechanismen der Betroffenen überfordern. Alles, was bisher Bestand hatte, woran man glaubte, auf das man sich verlassen konnte, wurde in seinem Fundament erschüttert oder gar zerstört. Negative zwischenmenschliche Erfahrungen stellen dabei das qualitativ größte Traumapotential dar (vgl. Vogt 2007, S. 35). Typ II Traumata durch nahe Bezugspersonen, insbesondere in den ersten Lebensjahren, führen somit zu den gravierendsten Traumafolgestörungen und zu schwersten Beziehungstraumatisierungen.

Um das Erlebte und das eigene Verhalten wieder kontrollieren und in den eigenen Lebensentwurf integrieren zu können, bilden die Betroffenen Symptome aus, was auch als Posttraumatisches Belastungssyndrom bezeichnet wird. Zu den Symptomen zählen unter anderem:

  • Täterintrojekte (Überzeugungen, Rechtfertigungen und/oder Verhaltensweisen der Täterin oder des Täters, die das Kind bzw. der Jugendliche ungefiltert übernimmt und aus der traumatisierenden Erfahrung heraus als seine eigenen Überzeugungen erlebt)
  • Intrusionen (erneutes Durchleben des Traumas, sogenannte Flashbacks in Form von Körperempfindungen, bildhaften Fetzen oder Albträumen)
  • Konstriktionen (Vermeidung aller Reize, die Erinnerungen an das Trauma hervorrufen können, was in Lust- und Freudlosigkeit oder sozialer Isolation münden kann)
  • Dissoziationen (bestimmte Handlungen, Wahrnehmungen, Emotionen werden nicht im vollen Bewusstsein, sondern in einer Art Trancezustand erlebt)

Zudem kann eine komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (kPTBS) entstehen. Diese wird durch „besonders schwere oder wiederholte bzw. langanhaltende Traumatisierungen, zum Beispiel infolge psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalterfahrungen oder auch Erfahrungen körperlicher bzw. emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit […]“ ausgelöst (DeGPT 2022b). Dieses vielfältige Symptombild umfasst u. a. Veränderungen

  • in der Selbstwahrnehmung des Individuums, 
  • in der Aufmerksamkeit und dem Bewusstsein, 
  • in der Emotionsregulation und der Impulskontrolle, 
  • in der Beziehung zu Anderen sowie 
  • in Somatisierungen

Ob und in welchem Ausmaß Symptome einer Traumafolgestörungen auftreten, hängt von der Schwere des Traumas sowie den individuellen Bewältigungsressourcen eines Individuums ab. Der posttraumatische Stress kann auch nach und nach abgebaut werden, so dass sich auftretende Symptome in Zeiträumen von Stunden bis Tagen zurückbilden können. Hilfreich ist ein zeitnah nach dem traumatischen Ereignis zur Verfügung stehendes unterstützendes Umfeld sowie ausreichende Ressourcen. So besteht die Chance, dass eine akuttraumatische Reaktion gedämpft werden kann (vgl. Garbe 2015, S. 21). 

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