Sonderpädagogische Beratung
Die Bedeutung von Beratung als pädagogisches Arbeitsfeld nimmt immer mehr zu und kann als ein fester Bestandteil pädagogischer Professionalität angesehen werden. Die Beratungstätigkeit hat sich in der Praxis als eigenständiges Handlungsfeld etabliert, „das insbesondere in Unterstützungs- und Hilfesituationen der Schulpraxis (wie bspw. im Zuge der Umsetzung der Inklusion) zum tragenden Pfeiler wird“ (Methner et al. 2013, S. 15). Vier Kernfunktionen von Beratung tragen diesem Umstand Rechnung (vgl. Nestmann, Sickendieck & Engel 2006, S. 802):
- Beratung informiert, hilft im Umgang mit Informationen und beim Entscheiden.
- Beratung hat eine Präventionsfunktion, insbesondere durch die unterstützende Förderung von Lebens- und Gesundheitsbedingungen.
- Beratung unterstützt bei der Bearbeitung von Anforderungen, der Bewältigung von Problemen, der Stärkung von Handlungsfähigkeit und bei der Akzeptanz von Unveränderbarem.
- Beratung kann Weiterentwicklung anregen.
Für den pädagogischen Alltag stellen regelmäßige und bedarfsorientierte Beratungsformate einen Zugewinn dar und können einen wesentlichen Beitrag zur Qualität schulischer Arbeit leisten (vgl. Methner et al. 2013, S. 21).
Trotz der enger werdenden Verbindung von Pädagogik und Beratung, insbesondere im sonderpädagogischen Kontext (vgl. Drolsbach 2017, S. 29), ist der Begriff einer pädagogischen Beratung definitorisch nicht eindeutig. Verschiedene Zugänge führen einerseits alles, was im Umfeld der Institution Schule stattfindet, als pädagogische Beratung auf. Andererseits wird die Meinung vertreten, Beratung sei dann pädagogisch, wenn sie von einer pädagogischen Fachkraft durchgeführt werde (vgl. Ellinger 2010, S. 21f.). In Abgrenzung zur bloßen Informationsvermittlung sowie zum Alltagsgespräch definiert Mutzeck (2008) Beratung als:
„[…] eine spezifische Interaktions- und Kommunikationsform zwischen einem Ratsuchendem und einem Berater. Beratung wird strukturiert, planvoll, fachkundig und methodisch geschult durchgeführt. Sie beruht auf einer beidseitigen Verbindlichkeit, Verantwortung und auf einem arbeitsfördernden Vertrauensverhältnis (S. 9)“.
Dieser Definition folgend ergibt sich die Spezifik sonderpädagogischer Beratung aus der professionellen Beratung durch sonderpädagogisch qualifizierte und/oder erfahrene Lehrkräfte, die ihr Beratungsangebot an Lehrkräfte, weitere pädagogische Fachkräfte, Eltern und Schülerinnen und Schüler richten. Sonderpädagogische Beratung zielt im Wesentlichen darauf ab, Entscheidungs- und Handlungsperspektiven bei den Lehrkräften, aber auch bei den Eltern zu fördern. Eine sonderpädagogische Beratung griffe also zu kurz, würde nur die Frage geklärt, ob sich das Ausfüllen eines Antrags auf Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf ‚lohne‘. Sie soll der Prämisse der Partizipationsförderung folgen, die sowohl die Entscheidungsfindung als auch deren Umsetzung in den Händen der Ratsuchenden belässt und die Handlungssicherheit unterstützend erweitert. Bei erfolgreicher Beratung kann so zusätzlich zur Lösung der aktuell herausfordernden Situation auch generell die Problemlösekompetenz für zukünftige, ähnlich gelagerte Herausforderungen gesteigert werden.
Auf den folgenden Seiten werden grundlegende Aspekte beraterischen Handelns beschrieben und (falls erforderlich) mit Blick auf die Spezifik sonderpädagogischer Beratung präzisiert.
- Formale Einordnung und Beratungsanlässe
- Grundprinzipien, Rahmenbedingungen und methodische Grundlagen sonderpädagogischer Beratung
- Beratung im Kontext sonderpädagogischer Diagnostik und der Gestaltung von Förderprozessen
- Besonderheiten bei der Beratung mit Schülerinnen und Schülern
- Unterstützungsmaterial
- Literatur