Besonderheiten bei der Beratung mit Kindern und Jugendlichen
Dem Grundgedanken der Autonomieförderung folgend kann Beratung in der Schule nicht ohne die Einbeziehung der Perspektive der betroffenen Schülerinnen und Schüler durchgeführt werden. Sie selbst sind als Expertinnen und Experten für ihre individuellen Lernprozesse sowie für ihre Lern-, Entwicklungs- und Lebenswege zu betrachten und am (gesamten) Beratungs- und Diagnostikprozess zu beteiligen.
Eine mangelnde Beteiligung wird häufig mit den zeitlich knapp bemessenen Ressourcen, aber auch mit großen Unsicherheiten in der Auswahl entsprechender Anlässe und deren (altersgerechter) methodischer Ausgestaltung begründet. Für Letzteres liefern insbesondere Praxisleitfäden hilfreiche Tipps zur methodischen Ausgestaltung und eigenen Fortbildung, wobei die individuelle Ausgestaltung für die einzelnen Förderschwerpunkt entsprechend angepasst und punktuell spezifiziert werden muss.
Allgemeine Hinweise zur methodischen Ausgestaltung
Ausgehend von einem humanistischen Menschenbild haben nachfolgende allgemeine Kommunikationsbedingungen maßgeblichen Einfluss auf das Gespräch und sollten unbedingt berücksichtigt werden (Melzer & Methner 2012, S. 67ff.):
- die Schülerin oder den Schüler ernst nehmen, einen respektvollen und vertrauensvollen Umgang transportieren und sicherstellen, dass sie oder er sich wohlfühlt (Rahmenbedingungen beachten),
- zuhören, Blickkontakt auf Augenhöhe herstellen, Gesagtes mit einem Dialogkonsens absichern (Gesprächsführungselemente anwenden),
- die Schülerin oder den Schüler ermutigen und bestärken, zu erzählen, was sie oder er denkt, fühlt und was sie oder er will bzw. nicht will (Fragearten/-techniken gezielt einsetzen),
- methodisch flexibel agieren, z. B.
- bei Kindern: Gespräche mit dem Einsatz spielerischer Elemente kombinieren
- bei Jugendlichen ggf. auf die sokratische Methode zurückgreifen,
- der Schülerin oder dem Schüler die Möglichkeit geben, sich nach einem anstrengenden Gespräch zu erholen.
Neben diesen grundlegenden Bedingungen hat sich auch die Auseinandersetzung mit Fragearten/-techniken als hilfreich erwiesen. Dabei können folgende Überlegungen hilfreich sein (Melzer & Methner 2012, S. 72ff.):
- Fragen klar und eindeutig formulieren, abstrakte Begriffe vermeiden bzw. (er)klären,
- nur eine Frage mit einem Aspekt/Gedanken ansprechen,
- Gesprächsbeispiele anbieten oder erarbeiten lassen,
- ggf. mit übersichtlicher und anregender Visualisierung arbeiten bzw. diese gemeinsam erstellen,
- Spontanität und Denkpausen ermöglichen,
- Verallgemeinerungen vermeiden (immer, alle, nie, niemals).
Handlungen und Visualisierungen im Beratungsgespräch haben eine motivierende, handlungssteuernde und erklärende Funktion und können gleichzeitig als Gedächtnisstütze sowie als Ausdruck für komplexe Beziehungen und persönlichen Erfahrungen fungieren (vgl. Melzer & Methner 2012, S. 82). Hierbei können vier Arten von Visualisierung innerhalb von Gesprächen unterschieden werden:
- Zeichnungen und bildhafte Darstellungen
- Nachstellen von Szenen mit Figuren und anderen begreifbaren Materialen
- Skalen
- Szenisches Spiel
Methodisch sind dabei für die unterschiedlichen Beratungsanlässe keine Grenzen gesetzt, wobei immer auf die Zielsetzung und das Alter der Schülerin oder des Schülers sowie auf deren oder dessen Individualität geachtet werden muss.
Die bereits beschriebene Gesprächsstruktur eines Beratungsgespräches sollte auch bei der Beratung mit Schülerinnen und Schülern genutzt werden.
Zentrale Fragestellungen, die in den einzelnen Gesprächsschritten zielführend sein können, sind:
Schritt | Inhalt und Fragestellungen |
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Erhebung/Betrachtung des Ist-Zustandes |
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Erarbeitung des Ziel-Zustandes |
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Finden von Lösungen |
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Kinder und Jugendliche können am Beratungsgespräch aktiv teilnehmen oder indirekt durch die Hinzunahme ihrer Perspektiven aus einem im Vorfeld geführten Gespräch. Die (zuvor) erarbeiten Perspektiven der Schülerinnen und Schüler können dann an den entsprechenden Stellen in das Beratungsgespräch beispielsweise zwischen Lehrkräften und Eltern sowie Lehrkräften untereinander einbezogen werden.